Kultur
Der Begriff „Kultur“ ist vieldeutig, wandelt sich ständig und kann sowohl Identität prägen als auch zur Abgrenzung und Einschränkung von Freiheit führen.
Definition
Kultur ist ein von Menschen geschaffenes soziales Konstrukt, das die Gesamtheit von Denk-, Handlungs- und Ausdrucksformen einer Gemeinschaft umfasst. Sie bezeichnet alles, was Menschen im Laufe ihrer Geschichte hervorgebracht und gestaltet haben – von geistigen Gütern über soziale Strukturen bis hin zu materiellen Artefakten. Kultur entsteht und verändert sich durch Sozialisation, also durch die Weitergabe von Wissen, Werten und Verhaltensmustern zwischen den Generationen.Zur Kultur zählen nicht nur Kunst, Sprache, Religion oder Bildung, sondern auch Alltagspraktiken wie Essgewohnheiten, Kleidung, Wohnformen, Kommunikationsweisen und gesellschaftliche Normen. Sie bietet Menschen einen Orientierungsrahmen für den Alltag und beeinflusst, wie Individuen und Gruppen die Welt wahrnehmen, bewerten und miteinander interagieren. Kultur kann somit als ein System gemeinsamer Bedeutungen und Werte verstanden werden, das soziale Identität stiftet und gesellschaftliches Zusammenleben ordnet.
In den Kulturwissenschaften unterscheidet man zwischen einem engen Kulturbegriff, der sich auf Kunst, Bildung und geistige Ausdrucksformen bezieht, und einem weiten Kulturbegriff, der alle menschlichen Lebensweisen einschließt (nach Edward B. Tylor, 1871). Moderne Ansätze verstehen Kultur zudem als dynamischen Prozess: Sie verändert sich ständig im Austausch zwischen Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Medien. Globalisierung, Migration und Digitalisierung tragen dazu bei, dass Kulturen pluraler, hybrider und vielfältiger werden.
Kritik am Begriff
Der Begriff „Kultur“ wird oft sehr allgemein und unscharf verwendet, was ihn schwer verständlich macht. Fast alles Menschliche wird darunter gefasst, dadurch verliert der Begriff an Klarheit und Aussagekraft (Otte 2018, Rathje 2014).Manchmal wird Kultur so dargestellt, als würde sie das Denken und Verhalten der Menschen festlegen. Das schränkt die individuelle Freiheit ein und macht Menschen zu bloßen Vertretern ihrer Kultur (Soekefeld 2011).In Deutschland wurde „Kultur“ in manchen politischen Debatten fälschlicherweise als Synonym für „Rasse“ benutzt. Das kann zu Vorurteilen, Diskriminierung und sozialer Ungleichheit führen, weil Kulturen bewertet und hierarchisch eingeordnet werden (bpb 2009, Soekefeld 2011).Außerdem sind Kulturen nicht starr und getrennt, sondern verändern sich ständig und vermischen sich mit anderen Kulturen. Der traditionelle Kulturbegriff ist oft zu eng, um diese Vielfalt zu erfassen (Rathje 2014).Manche Kritiker sehen Kultur auch als Druckmittel, das Menschen belastet und ihre individuelle Freiheit einschränkt (Bollenbeck 2007).
Quellen
Otte, G. (2018): „Was ist Kultur und wie sollen wir sie untersuchen?“
Rathje, S. (2014): „Der Kulturbegriff“
Soekefeld, M. (2011): „Der Kulturbegriff in der Ethnologie und im öffentlichen Diskurs“
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (2009): „Vielfalt der Kulturbegriffe“
Bollenbeck, G. (2007): „Kulturkritik der Moderne“